Alte Quitzowburg: Wichtige archäologische Funde

16.05.2023

Bisher war die Schlacht bei Kletzke im Jahr 1390 nur durch schriftliche Überlieferungen belegt. Neue Funde an der Stelle, an der einst die erste Burg der Quitzows bei Kletzke stand, könnten das nun ändern. Bodendenkmalpfleger haben dort alte Siegel und Bleikugeln der ersten Schusswaffen gefunden. Studenten vermessen derzeit den Fundort. Das rbb-Fernsehen sendet dazu am 20. Mai um 19:30 Uhr eine Dokumentation.

Ausgrabungen in Kletzke sind eine kleine Sensation (Foto: LK Prignitz)zoom

Was da ehrenamtliche Prignitzer Bodendenkmalpfleger unter anderem mit Metalldetektoren bei Kletzke im Boden gefunden haben, ist eine kleine archäologische Sensation: Mittels mehrerer Siegel, die am Hügel gefunden wurden, unter dem sich die alte Quitzowburg befindet, gibt es nun die einmalige Chance, zu belegen, dass die schriftlichen Überlieferungen über die Schlacht bei Kletzke im Jahr 1390 der Wahrheit entsprechen.

Damit nicht genug: Der Fund von Bleikugeln verschiedenen Kalibers belegt den Einsatz einer Frühform von Schusswaffen an dieser Stelle. Es handelt sich um Handrohre, von denen ebenfalls Reste gefunden wurden. Die früheste Datierung einer solchen Büchse im deutschsprachigen Raum stammt bislang übrigens aus dem Jahr 1399 bei Tannenberg - also erst neun Jahre nach der Schlacht bei Kletzke.

Studentisches Team zur Lehrgrabung in Kletzke

Weil dies solch spannende Funde waren, sprachen Gordon Thalmann, Sachbereichsleiter Denkmalschutz in der Prignitzer Kreisverwaltung, und Kreisarchäologe Torsten Geue Professor Thomas Schenk von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin an, der für dieses Jahr noch ein Projekt für seine Studierenden suchte. „Im Sommersemester sind wir immer für zwei Wochen auf einer Lehrgrabung“, erklärt Thomas Schenk, der in Brandenburgs Nordwesten kein Unbekannter ist und sich zum Beispiel intensiv mit den archäologischen Funden in Freyenstein beschäftigt hat. Und so sind seit dem 8. Mai noch bis Mittwoch, 17. Mai, elf Studentinnen und Studenten des zweiten und vierten Semesters aus dem Fachbereich Feldarchäologie an der Fundstelle aktiv im Einsatz. „Die Viertsemester sollen das Projekt vor Ort entwickeln und die Zweitsemester anleiten“, erläutert der Professor. Unter anderem versucht die Gruppe, das Alter der Burganlage zu datieren, die wohl aus einer Vorburg und der eigentlichen Burg bestanden. Bei den Grabungen ist aber noch kein Holz gefunden worden, mit dem sich das Alter dendrochronologisch exakt ermitteln ließe. Auch von der Vorburg ist im Boden offenbar nicht viel übrig, sie wurde wohl geschleift. Vermutet wird, dass der nahe Bach in die Verteidigungsanlagen einbezogen wurde.

Schlacht bei Kletzke könnte nun anhand der Funde historisch nachgewiesen werden

Dass 1390 ein großes Ritterheer, angeführt von den Herzögen Erich von Sachsen-Lauenburg und Heinrich von Braunschweig-Lüneburg, vor Kletzke stand, aber von den Verteidigern rund um Dietrich, Johann und Kuno von Quitzow zurückgeschlagen werden konnte, könnte sich genauso abgespielt haben, wie die neuen Funde nahelegen.

Neben den Siegeln und Kugeln sind auch Armbrustbolzen, Pfeilspitzen, Pferdegeschirr und vermutlich noch ein paar Rüstungsteile aufgetaucht. Rund 1100 Ritter sollen den Überlieferungen nach hier gekämpft haben – allerdings glaubt Gordon Thalmann, dass dies eher die Gesamtzahl aller Beteiligten inklusive Knappen ist und nur etwa ein Drittel davon wirklich Ritter waren. Den Siegelfund aber bezeichnet Gordon Thalmann als „ungemeines Glück“. Thalmann: „Es ist extrem selten, dass auf solchen Fundstellen so etwas gefunden wird. Das zeigt, dass die Leute wirklich vor Ort waren.“

Siegel der Ritter Heinrich von Falkenhayn und Nikolaus [Kurzform: Klaus] von Quitzow gefunden

Etwa der Ritter Heinrich von Falkenhayn, der aus Niederschlesien kommt. Natürlich wurde der Fund seines Siegels auch gegengecheckt – in den Jahren 1389 bis 1394 hat er sein Siegel nicht zu Hause in Liegnitz eingesetzt, sondern muss sich anderswo als Ritter in Söldnerdiensten verdingt haben, 1390 ganz offensichtlich im Heer der Welfen-Herzöge bei Kletzke. Gefunden wurde auch ein Siegel von Nikolaus von Quitzow. Gordon Thalmann betont, dass es gar nicht so einfach ist, solche Siegel zuzuordnen. Für die Funde dankt er ausdrücklich den Bodendenkmalpflegern Matthias Dasse, Sebastian Lossin und Jörg Lehmann, aber auch Jörg Moska und Daniel Schlag.

Ständige Ausstellung zur Geschichte der Quitzows in Kletzke im Aufbau

Natürlich ist es der Plan, die Fundstücke auch einmal im Museum oder einer Ausstellung zu zeigen – am liebsten quasi vor Ort.  Das ist die Idee des Wittenberger Unternehmers Lutz Lange, der das Schlossgelände vor einem Jahr erworben und den jüngsten Schlossbau in eine Unterkunft umgewandelt hat, die für Tagungen und Familienfeiern angemietet werden kann. Lutz Lange hat vor, die Geschichte der Quitzows in einer ständigen Ausstellung zu dokumentieren. Dazu wurde der Historiker Clemens Bergstedt angesprochen der die Geschichte der Quitzows aufarbeitet. Und es soll auf dem Gelände einen historischen Pfad geben. Schließlich befindet sich zwischen dem aktuellen Schloss und dem Burghügel der alten Quitzowburg auch noch Ruinenreste des zwischenzeitlichen Renaissanceschlosses. Und so hat Lutz Lange gerne die Grabungsarbeiten ermöglicht, indem das Grabungsteam in Wittenberge unterkommt und er einen Bus zur Verfügung gestellt hat. Unterstützung gab es natürlich auch vom Sachbereich Denkmalpflege beim Landkreis Prignitz. 

Wird die Grabungsstelle wieder zugeschüttet?

Klar, dass der Burgherr auch den Wunsch hat, die jetzige Grabungsstelle, die ganz versteckt mitten im Wald liegt, für die Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Vorgabe ist aber bislang, die Funde „nur“ zu dokumentieren und dann die Fundstellen wieder zuzuschütten. Grabungsteams sind sogar verpflichtet, die Eingriffe an Denkmalen so gering wie möglich zu halten, auch wenn die Anforderung diesmal von den Denkmalpflegern selbst kam. Professor Schenk schloss jedoch nicht aus, 2024 mit einer weiteren Lehr- und Forschungsgrabung neue Befunde/Funde auf der Quitzowburg aufzudecken. Gleich, wie es kommt: Die neuen Funde werden so oder so dazu beitragen, dass hier wirklich ein neuer Punkt für historisch Interessierte wie auch Touristen entstehen kann. Schließlich ranken sich Mythen um das einflussreiche alte Adelsgeschlecht – sogar Karl May hat ihnen einmal ein literarisches Werk gewidmet.

TIPP: Um die spektakulären Funde auch der Öffentlichkeit nahezubringen, drehte rbb-Regionalreporterin Franziska Tenner an der Grabungsstelle. Ihr Beitrag wird am kommenden Samstag, 20. Mai, um 19.30 Uhr bei rbb24 Brandenburg aktuell zu sehen sein, und zwar als Teil der Reihe Mark & Metropole.

Das Siegel des Ritter Heinrich von Falkenhayn ist ein historisch bedeutender Fund. Foto: Landkreis Prignitzzoom
Das Siegel des Ritter Heinrich von Falkenhayn ist ein historisch bedeutender Fund. Foto: Landkreis Prignitz
Die Bleikugeln lassen darauf schließen, dass bei der Schlacht um Kletzke 1390 bereits erste Formen von Schusswaffen eingesetzt wurden. Foto: Landkreis Prignitzzoom
Die Bleikugeln lassen darauf schließen, dass bei der Schlacht um Kletzke 1390 bereits erste Formen von Schusswaffen eingesetzt wurden. Foto: Landkreis Prignitz
 
Die Studenten und Studentinnen aus Berlin bei ihrer Lehrgrabung in Kletzke. Foto: Landkreis Prignitz
Die Studenten und Studentinnen aus Berlin bei ihrer Lehrgrabung in Kletzke. Foto: Landkreis Prignitz

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